Startup und Mittelstand – Artikel von Dr. Thomas M. Fischer

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Startup und Mittelstand

Traut euch was!

Die deutsche Wirtschaft hat noch ein Ass im Ärmel, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern: Im Miteinander von Mittelstand und Startups schlummern unentdeckte Superkräfte. Zwar wurden die Kooperationen zwischen den etablierten Unternehmen und der Gründerszene in den vergangenen Jahren intensiviert. Aber Dr. Thomas M. Fischer, CEO und Gründer der Allfoye Managementberatung, ist sich sicher: Da geht noch mehr. Viel mehr. Grund genug, um mit der Gründer-Serie „Startup meets Tom“ der Idee Vorschub zu leisten.

Feb 23, 2022 4:42:45 PM

Erfahrung und Solidität vertragen sich gut mit Sturm und Drang. Insbesondere in Deutschland mit seiner einzigartigen Unternehmensstruktur. Nirgendwo sonst auf der Welt bildet der Mittelstand, noch dazu geprägt von langwellig orientierten Familienunternehmen, ein so stabiles Rückgrat einer Volkswirtschaft. Unsere Wettbewerbsfähigkeit hängt zunehmend davon ab, wie sich die mittelständischen Unternehmen in den sozialen, ökologischen und digitalen Transformationen dieser Zeit positionieren. Deshalb finde ich es so wichtig, dass der Austausch, das Networking und die Kooperationen mit der Startup-Szene aktiv gesucht und vor allem ernsthaft betrieben werden.

Der Begriff „Win-Win“ mag zwar etwas abgedroschen klingen, aber hier ist er wirklich angebracht: Beide Seiten gewinnen. Viele mittelständische Unternehmen gehen nach dem Digitalisierungsschub der vergangenen Jahre die nächsten, wichtigen Schritte. Sie entwickeln eine Kultur und ein Mindset, das dem Tempo und auch den Unberechenbarkeiten des Wandels angemessen ist: agiler und iterativer, diverser und experimentierfreudiger, fokussiert auf die Bedürfnisse der Kunden und sinnstiftend.

Die Elefanten lernen zu tanzen, und Kooperationen mit Startups sind wie dafür gemacht, diese Veränderungen zu initiieren, zu verstetigen und zu fördern. Die Startups hingegen profitieren von den Marktzugängen, der Kundenbasis und von der Finanzkraft mittelständischer Unternehmen. Und vielleicht können sie sich – Stichwort Resilienz – auch von der Gelassenheit und ‚geübten‘ Krisenfestigkeit des Mittelstands etwas abschauen. So vieles erscheint möglich – von gemeinsamen Entwicklungsprojekten und Geschäftsmodellen über Inkubatoren und Acceleratoren bis hin zu Joint Ventures und direkten Investments.

1. Mehr Dialog und Debatte

Entscheidend für den Erfolg, so meine Erfahrung, ist neben dem strategischen Fit immer, dass tragfähige Beziehungen entstehen. Was in einer Powerpoint-Präsentation gut aussieht, muss auch gelebt werden. Augenhöhe und Respekt füreinander sind ebenso grundlegend wie eine stabile Vertrauensbasis. Kommunikation und Zusammenarbeit sollten vielschichtig, offen und über mehrere Unternehmensebenen hinweg gestaltet werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die erwünschten Transfereffekte in beide Richtungen einstellen, steigt mit dieser vielschichtigen Vernetzung immens. Ein solcher Anspruch lässt sich jedoch kaum einlösen, wenn die Partner nur auf Basis eines Matchings nach Papierform zueinanderfinden. Besser ist es, man hat bereits voneinander gehört, kann Referenzen einholen und auch ein Gefühl dafür entwickeln, ob eine Kooperation gelingen kann.

Deshalb liegt mir so viel an diesem chancenorientierten Dialog im Markt. Dass es mir ein Anliegen und eine Freude ist, Mittelstand und Startups zu vernetzen, ist ja kein Geheimnis. Mit diesem Ziel habe ich den „Gründerball“ in Berlin und die Plattform „Startup meets Mittelstand“ mitinitiiert.

Ich wünsche mir sogar noch mehr solcher Gesprächsanlässe, ein permanentes Murmeln im Markt, auch Reibung und Debatte, damit die Potenziale einer produktiven Zusammenarbeit entdeckt und evaluiert werden können. Nur so ist es zu erreichen, dass das Miteinander selbstverständlicher, im besten Sinne beiläufiger und „normal“ wird. Wenn die Sphären von Familienunternehmen und Hidden Champions, Venturecapital und Company Building in einem Ökosystem verschmelzen, entwickelt Deutschland einen neuen Standortvorteil.

 

Startup und Mittelstand – Artikel von Dr. Thomas M. Fischer

Entscheidend für den Erfolg, so meine Erfahrung, ist neben dem strategischen Fit immer, dass tragfähige Beziehungen entstehen. Was in einer Powerpoint-Präsentation gut aussieht, muss auch gelebt werden. Augenhöhe und Respekt füreinander sind ebenso grundlegend wie eine stabile Vertrauensbasis”, so Dr. Thomas M. Fischer, Multi-Entrepreneur, Startup-Investor und CEO der Mittelstandsberatung Allfoye.

2. In der Gründer-Serie: Check-up fürs Startup

Mit der Gründer-Serie „Startup meets Tom“ möchte ich dazu einen echten Beitrag leisten. Den Fokus lege ich hierbei auf die Rolle von Startups als Dienstleister mittelständischer Unternehmen. Eine einfachere Form der Zusammenarbeit existiert nicht. Viele Startups geben im Business-to-Business-Segment mächtig Gas. Verständlich: Es entspricht den Strukturen und Stärken der deutschen Wirtschaft, dass sie hier ihre Skalierungs- und Wachstumschancen identifiziert haben.

Für „Startup meets Tom“ interviewe ich in unserem Zentrum für Künstliche Intelligenz und Innovation, „WERFT 01“, Gründer und Führungskräfte von Startups, lasse sie ihre Geschichten erzählen und hinterfrage ihren Wertbeitrag für mittelständische Unternehmen. Für mich ist dieser Austausch eine faszinierende Erfahrung – wieviel kulturelles und betriebswirtschaftliches Potenzial die Gründer und ihre Mitstreiter mitbringen! Ich bin mir sicherer denn je: Wer mit leistungsfähigen Startups kooperiert oder ihre Dienstleistungen einkauft, kann sich vergleichsweise leicht mit neuen Technologien, datenbasierten Managementtechniken und effizienten Plattformen verbinden. Manche Lösung lässt sich bis tief ins Unternehmen integrieren, inklusive Schnittstelle zum eigenen Enterprise Resource Planning (ERP) und liefert viele Impulse für Kulturentwicklung und Change Management.

Die Startups, die ich in der Videoreihe vorstelle, lösen spezifische Aufgaben, denen sich ein einzelnes Unternehmen mangels Ressourcen kaum zuwenden würde. Somit skalieren diese Startups den Mangel, schließen für die etablierten Unternehmen Modernisierungslücken in der Digitalisierung und im Prozessmanagement. Anders gesagt: Die Zusammenarbeit mit Startups steigert auch die Resilienz der Unternehmen. Die ersten Filmproduktionen sind „live“ und machen hoffentlich Lust auf mehr:

  • Mein Premierengast – Lucas Scherer, CEO der sourc-e GmbH – steht Rede und Antwort zum Thema, wie die Plattform und Algorithmen des Startups den oft lästigen und aufwendigen Einkauf von individuellen Druckprodukten rationalisieren. Die Beschaffung beispielsweise von Marketingmitteln zu günstigen Tarifen wird damit stark vereinfacht.
  • Mit Monja Mühling, CEO von Smartlane, diskutiere ich darüber, wie sich die Stückgutlogistik mithilfe von Künstlicher Intelligenz optimieren lässt. Die selbstlernende Software des Unternehmens automatisiert die Disposition und Transportplanung einer Spedition selbst bei unvollständiger Datenlage.
  • Paul Schwarzenholz, CEO von zenloop, erzählt davon, wie sich über eine Software-as-a-Service-Lösung Kundenfeedbacks automatisiert sammeln, clustern und analysieren lassen. Ergebnis ist eine bessere Customer Experience, die sich in höherer Kundenbindung und steigenden Umsätzen ausdrückt.
  • Die Motion Miners, vertreten durch CTO René Grzeszick und COO Sascha Kaczmarek, berichten von KI und smarten Sensoren, mit denen ihr Startup manuelle Arbeitsprozesse optimiert. So lassen sich in manchem Lager noch etliche Prozentpunkte an Effizienz herausholen, aber auch Ergonomie und Abläufe besser an die Bedürfnisse der Mitarbeiter anpassen.
  • Mit dem CEO von WAKU Robotics, Victor Splittgerber, spreche ich über die laufende Robotik-Transformation der Wirtschaft. Das Berliner Startup unterstützt Unternehmen mit Beratung, der Vermittlung von Robotern und mit Software auf dem Weg in die Automatisierung.
Fortsetzung folgt; Monat für Monat erscheint eine neue Folge.

3. Schub für die Gründerszene

Insgeheim hoffe ich, mit der Gründerserie etwas mehr Aufmerksamkeit von potenziellen Geldgebern auf die Gründerszene zu lenken. Die Wahrheit, die viel zu selten offen ausgesprochen wird, ist doch diese: Die deutsche Gründerszene ist chronisch unterfinanziert. All die Förderprogramme, Standortinitiativen in Berlin, München, Köln oder im Ruhrgebiet, all die Cluster-Strategien und Beratungsangebote sind gut und wichtig, lösen aber dieses tieferliegende Problem nicht.

In der Coronapandemie hat sich die Lage auf der Finanzierungsseite weiter verschärft, wie diverse Untersuchungen zeigen. Laut der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY wuchs die Startup-Finanzierung in Großbritannien im Jahr 2020 um gut ein Viertel auf 13,9 Milliarden Euro an, während Deutschland ein Minus von 15 Prozent auf lediglich 5,3 Milliarden Euro verzeichnete. Ich bin gespannt, wie die Zahlen für 2021 ausfallen werden, hege aber wenig Hoffnung für eine Trendwende. Auch der Startup-Monitor 2021 des Bundesverbandes Deutscher Startups und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC kommen zu dem Ergebnis: Strategische Investoren bleiben Mangelware. So wird das nichts mit dem Startup-Wirtschaftswunder in Deutschland.

Deutschland benötigt mehr Schub in der Startup-Szene. Deshalb rate ich den Führungskräften von mittelständischen Unternehmen und Startups, nicht müde zu werden, immer wieder gemeinsames Terrain auszuloten. Traut euch etwas, vernetzt euch und bleibt auch losgelöst vom Tagesgeschäft miteinander im Gespräch! An Politik und Verwaltung richtet sich der Appell, das Gründen von Unternehmen endlich einfacher und schneller zu gestalten. Meine Kollegin Nora Zallmann hat in ihrem Themenschmiede-Beitrag „Gründen in Deutschland“ beschrieben, welche Hürden sie bei der Unternehmensgründung zu überwinden hatte. Das ist weit vom State of the Art anderer EU-Länder entfernt.

Und last but not least: Startups haftet immer noch etwas Exotisches an, mancher Bericht über Neugründungen liest sich wie ein Besuch im Zoo. Wir sollten realisieren, dass ein Gutteil unseres Wohlstands und unserer Lebensqualität von morgen in der Innovationsfähigkeit begründet liegt. Erfolgreiche Startups sind ein wichtiger Teil des Big Pictures dieses Landes. Als Gesellschaft sollten wir allen Unternehmern, ob neu im Markt oder etabliert, deshalb mit klarer Haltung Rückenwind geben: Scheitern ist nicht schlimm. Erfolg ist super. Vernetzen hilft. Experimentieren bleibt Trumpf.

 

Redaktionelle Unterstützung: Bettina Dornberg & Christoph Berdi (die „Identitätsstifter“)

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STARTUP MEETS TOM

Dr. Thomas M. Fischer, Multi-Entrepreneur, Startup-Investor und CEO der Mittelstandsberatung Allfoye, spricht mit Gründern über neue Lösungen für den Mittelstand, die Startup-Szene und den Faktor Mensch in der neuen Arbeitswelt.   

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